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Thema Folge 2: Joseph Beuys + Indien
Weich ist stärker als hart, Wasser stärker als Fels, Liebe stärker als Gewalt.Es kommt alles wieder, was nicht bis zu Ende gelitten und gelöst wird.Alles Feindliche verschwindet plötzlich und ist besiegt, sobald es gelingt, die Zeit aus seinen Gedanken auszuschalten.Hermann Hesse: Siddhartha 

Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier. (Mahatma Gandhi)

Tadele nicht den Fluß, wenn du ins Wasser fällst. (Indisches Sprichwort)

Wo Elefanten sich bekämpfen, hat nur das Gras den Schaden.
(Indisches Sprichwort)

1.       Bevölkerung

Indien ist nach der VR China das bevölkerungsstärkste Land der Welt. Die 844 Millionen Inder (Volkszählung 1991) stellen 17 % der Weltbevölkerung, obwohl sie nur 2,4 % der Erdoberfläche bewohnen. Die Bevölkerungsdichte liegt im Schnitt bei 267 Einwohnern pro qkm. Da sich der Großteil der Bevölkerung jedoch auf die fruchtbare Gangesebene und die Städte konzentriert und weite Teile des Landes wie die großen Wüstengebiete und das Hochgebirge fast unbewohnbar sind, liegt die Dichte teilweise bei über 1000 EW/qkm (Deutschland: 221 EW/qkm). Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 58 Jahre, der Anteil der Jugendlichen unter 18 Jahren an der Gesamtbevölkerung über 40 %. Dreiviertel der Einwohner leben auf dem Lande. Seit der Unabhängigkeit (1947) hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt, und jeden Monat kommen mehr neue Inder hinzu, als Goa Einwohner hat (1 Million). Anders ausgedrückt: alle 1,2 Sekunden wird ein Inder geboren, pro Jahr steigt die Bevölkeung um ca. 17 Mio.. Falls diese Wachstumsrate (1986 2,2 %, 1990 2,1 %) so bleibt, wird die Bevölkerung um die Jahrtausendwende die 1-Milliarde-Grenze überschreiten, Indien also zum bevölkerungsstärksten Land der Erde werden. Ca. 300 Mio. leben unter der Armutsschwelle. Indien ist mit enormen ökologischen Schwierigkeiten konfrontiert; geht die Bevölkerungszunahme so weiter, wird es im Jahre 2000 keinen Wald mehr geben.
 

Die Familienplanungsprogramme der indischen Zentralregierung (Beginn 1952) wollten bis zum Jahre 1995 die folgenden Ziele erreichen:

-         Die Durchschnittsfamilie soll 2.3 Kinder im Durchschnitt haben, im Gegensatz zu den jetzigen 4.3 Kindern.

-         Die Geburtsrate soll 21 Geburten auf 1000 Einwohner betragen. Sie ging in den Jahren 1960 bis 1990 von 42 auf 32 zurück.

-         Die Todesrate pro Tausend Einwohner soll auf 9 reduziert werden, ebenso die Kindersterblichkeit auf 60 oder weniger. Die Todesrate ist von 19,4 auf 11,3 gesunken (1960 bis 1990). Die Kindersterblichkeit von 157 auf 99 im gleichen Zeitraum.

-         60 % der Familien sollen in die Familienplanung mit einbezogen werden, entgegen der jetzigen 26 % (1989). Dies bedeutet einen verstärkten Ausbau des jetzt schon bestehenden Gesundheitssystems. 

Ebenso versuchen die Inder, gegen zu frühe Heirat und Kindersterblichkeit anzugehen. In größeren Kampagnen werden Camps für Mütter, für Babies, für Sterilisation und Gebrauch von Kontrazeptiven durchgeführt. Es wäre gut, wenn sich die Behauptung, die an vielen indischen Hauswänden prangt: „Eine kleine Familie ist eine glückliche Familie“, bewahrheiten und durchsetzen könnte.

Ein großes Hindernis besteht darin, daß die Hälfte des Volkes Analphabeten sind. Etwa 1/4 der Bevölkerung lebt in Städten. Die größten sind: Calcutta mit 11 Millionen, Bombay mit 12,6 Mio., Delhi mit 8,4 Mio., Madras mit 5,4 Mio., Bangalore mit 4,2 Mio., Hyderabad mit 4,3 Mio., Ahmedabad mit 2,6 Mio., Kanpur mit 1,8 Mio., Poona mit 1,7 Mio., Nagpur mit 1,5 Mio., Jaipur und Lucknow mit über 1 Million Einwohnern. Insgesamt gibt es etwa 145 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern.

Etwa 72 % der Bevölkerung sprechen indo-arische Sprachen, vor allem Hindi (38 %), Bengali, Bihari, Marathi, Oriya, Punjabi, Gujarati, Assami, Kaschmiri, Nepali und Urdu. Im Süden werden Drawida-Sprachen gesprochen, besonders Tamil, Telugu, Malajalam, Kannada,  zusammen 25 %.   3 % sind mongolischer Herkunft, wie z.B. die Sprache der etwa 350.000 Einwohner Nagalands im Nordosten. Staatssprache ist Hindi, doch gibt es daneben 14 verfassungsmäßig garantierte regionale Hauptsprachen. Alle obengenannten außer Nepali gehören dazu, außerdem: Sanskrit. Ohne die Dialekte gibt es zudem noch etwa 220 Sprachen, die jedoch meist nur von kleinen Gruppen und abgelegenen Stämmen gesprochen werden. Etwa 5 Mio Inder leben im Ausland, hauptsächlich in Süd- und Ostafrika, Südost-Asien und in Nordamerika sowie am Persischen Golf.

In Indien leben etwa 20 000 Tibeter und 12 000 Chinesen, Perser, Afghanen sowie verschiedene kleinere europäische Gruppen. Insgesamt 65.000 Ausländer.

2.       Geschichte
2.1    Kultur des Indus-Tales

Schon 2.500 Jahre v. Chr. hatte sich in der fruchtbaren Talebene des Indus (heutiges Pakistan) über 1000 Jahre hinweg bereits eine hohe Kultur entwickelt. Große Städte und Zentren dieser Kultur waren Mohenjodaro und Harappa. Sie wurden erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt; es gibt noch viele offene Fragen zu dieser Zeit. Der Hinduismus hatte hier seine Wurzeln. Könige waren eher Priester und Berater der Menschen und standen mit den Göttern in Verbindung. Wissenschaft und soziales Gefüge müssen schon sehr weit entwickelt gewesen sein. Die Schrift konnte aber bis jetzt noch nicht entziffert werden. Auch weshalb diese Kultur so schnell nach Eindringen der arischen Stämme verfiel ist nicht bekannt.

2.2        Eindringen arischer Stämme und Entwicklung von Religion  

Die arischen Stämme drangen zwischen 2000 und 1500 v. Chr. von Zentralasien immer weiter nach Indien ein und beherrschten das gesamte Nordindien bis zur Bergkette von Vindhya. Die Einwohner, die Drawinen, wurden immer weiter nach Süden gedrängt.

Die Aria brachten ihre Naturgötter mit. Im 8. Jahrhundert v. Chr. konnte sich aber die Priesterkaste mit ihren universellen Göttern und der Vorstellung universeller Seele (Brahman) durchsetzen. Um 500 v. Chr. entwickelten sich Buddhismus und Jainismus.

2.3    Das Mauryanische Reich

Zwei Jahrhunderte bevor Alexander der Große seinen langen Marsch nach Osten antrat, entwickelte sich im Norden Indiens ein Königreich. Als im Jahr 321 v. Chr. Alexander der Große durch seinen Rückzug ein großes Vakuum hinterließ, gewann das Reich des Chandragupta Maurya an Macht (damalige Hauptstadt ist das heutige Patna). Der Sohn von Chandragupta, Bindusara, vergrößerte das Reich bis weit in den Süden hinein. Der absolute König der Mauryan aber war Ashoka der Große ( 286-231 vor Chr.). Mit seinem Tod zerfiel das Reich schrittweise.

2.4    Zeit des Gupta-Reiches

Nach vielen Königreichen wurde im Jahr 319 n. Chr. von Chandragupta II. das Reich Gupta gegründet, welches bis zum Jahr 606 n. Chr. Einfluss auf Nordindien ausübte. Unter der Gupta-Zeit entwickelte sich die indische Kultur zur vollen Blüte. Mit dem Zerfall des Gupta-Reiches wich der Buddhismus und Jainismus immer mehr dem Hinduismus. Es entstanden viele kleinere Königreiche. Erst der moslemische Einfluss schaffte erst wieder größere Reiche.

2.5        Entwicklung Süd-Indiens

Die Entwicklung im Norden und in Zentral-Indien hatte nicht immer gravierenden Einfluss auf die Entwicklung im Süden. Buddhismus und später Hinduismus fand in Süd-Indien ergebene Anhänger. Der Süden hatte eine gesunde und gut funktionierende Wirtschaft. Handel wurde intensiv mit den Ägyptern und später mit den Römern gepflegt. Aber auch europäischer Einfluss machte sich bereits bemerkbar. So soll 52 n. Chr. der Apostel St. Thomas in Kerala angekommen; bis heute ist der christliche Einfluss in diesen Gegenden zu spüren.

Folgende große Reiche existierten um das 1. bis 9. Jahrhundert n. Chr. in Süd-Indien: die Chalukya-Herrschaft (Dekkan), Richtung Norden ausgedehnt, Hauptstadt Badami. Weiter im Süden das Pallava-Reich. Nachfolger die Chola. Weitere Reiche waren Panya und Chera. Auch die moslemischen Eroberer hatten mit der Eroberung Süd-Indiens Probleme. 1000 bis 1300 n. Chr. herrschte die Hooysala-Dynastie mit den Zentren in Belur, Haebid und Somnathpur. Sie unterlagen später den ständigen Angriffen der Moslems und der vereinigten Hindu-Königreiche. Zwei andere Königreiche entstanden nördlich des heutigen Karnataka, das Hindu-Reich mit Hauptstadt Hampi (gegründet 1336 von Vijayanagar) und ein Moslem-Reich im Norden. (Sultanate von Delhi).

2.6        Moguln-Reich

Bereits hundert Jahre nach dem Tode de Propheten Mohammed kam es zu Angriffen von Arabern in Richtung Indien, z.B. auf die Region Sind und sogar Gujarat. Die Religion des Islams sollte mit dem Schwert verbreitet werden. Diese ersten Ãœberfälle waren aber mehr Raubzüge als Eroberungen. Diese fingen erst 1192 bis 1206 an, nachdem der Punjab, Ajmer, Varanasi, Delhi und schließlich das gesamte Ganges-Becken unter moslemische Herrschaft gebracht wurde. Zwar waren Machtwechsel unter den Herrschern sehr häufig, aber der Einfluss auf Nordindien blieb. Die Moslems grenzten sich von einheimischen Religionen ab. Aber sie schafften es nicht, den Hinduismus zu verdrängen. Da sie alleine das Land nicht regieren konnten, wurden Kompromisse geschlossen und Hindus auch direkt an der Macht beteiligt. Es kam sogar zur Entwicklung einer Mischsprache  aus persischen Vokabular und hinduistischer Grammatik - dem Urdu.

Es gab zur Zeit des moslemischen Moguln-Reiches viele Herrscher mit großem Einfluss auf Architektur, Kunst und Literatur. Die Moguln widmeten sich nicht immer den Regierungsgeschäften, sondern sie profilierten sich in Architektur und Kunst. Nur wenige Moguln kann man als bedeutend bezeichnen:

Babur (1527-1530), Humayuan (1530-1556), Akbar (1556-1605), Jehangir (1605-1627), Shah Jahan (1627-1658), Aurangzeb (1658-1707). Babur (Nachfahre von Timur und Djingis Khan) führte den ersten großen Schlag gegen die Moguln-Gegner, das Sultanat von Delhi.

Humayuan verlor den Thron für 15 Jahre, sein Sohn Akbar (bereits mit 14 Jahren Herrscher) bekam das Reich dann endgültig unter Kontrolle.  Unter Akbar waren in Fragen der Angleichung und der Entwicklung von Wissenschaft, Kultur, Religion und Integration der Hindus in die Regierungsgewalt große Fortschritte zu verzeichnen. Sein Sohn Jehangir führte das Reich im Sinne Akbars weiter. Der Nachfolger Sha Jahan ließ erst mal alle männlichen Verwandten in Seitenlinien seiner Familie hinrichten. 1639 gestattete er den Engländern eine Handelsniederlassung in Madras. Er widmete sich vorrangig der Baukunst; bekannt ist z.B. das Taj Mahal in Agra, als Grabmahl für seine Frau - heute ein Weltwunder. Zum Bau seines eigenen Grabmahls aus schwarzen Marmor kam es nicht mehr. Sein Sohn Aurangzeb setzte ihn unter Arrest (im Roten Fort - Sichtweite zum Taj Mahal) und unterbrach damit auch die Bauwut seines Vaters. Zu seiner Zeit wurden viele hinduistische Tempel abgerissen und an ihren Stellen Moscheen errichtet.  Diese harte Gangart und auch hohe Steuern ließen den Unmut der Inder weiter wachsen. In zahlreichen Gebieten brachen Aufstände aus. Nach dem Tod Aurangzeb 1707 zerfiel das Moguln-Reich.  

2.7    Die Europäer

Das Auftreten der Europäer stellt einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte Indiens dar. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erbauten die Seefahrer Englands, Frankreichs, Hollands und Portugals einige Handelsaußenposten entlang der Küste. Obwohl die Portugiesen sich schon ihre Kolonie in Goa gesichert hatten, blieben sie dennoch in finanzieller Hinsicht beschränkt. Während des 16. und 17. Jahrhunderts behielten sie ihre Stellung als Piraten auf hoher See, während die anderen europäischen Interessensgemeinschaften ihre Präsens auf dem Festland verstärkten.

2.8    Die Jahre des "Raj"

Zwischen den Neuankömmlingen entwickelten sich heftige Streitigkeiten; sie verbündeten sich jeweils mit den ansässigen Herrschern, um auch in militärischer Hinsicht miteinander konkurrieren zu können. Mit der Zeit wuchsen auch ihre politischen Ambitionen; sie provozierten Streitigkeiten zwischen ihren Gegnern, um ihren Vorteil daraus zu ziehen. Als erfolgreichste Partei gingen aus diesem Geplänkel schließlich die Briten hervor, die nach der Schlacht von Plassey (1757) die politische Gewalt über Ost-Indien übernahmen. Nach und nach verbreitete sich ihr Einfluss über den gesamten Subkontinent.

Im Gegensatz zu allen vorangegangen Herrschern hatten sich die Briten nicht in Indien niedergelassen, um dort ein neues Reich zu erschaffen. Das vorrangige Ziel der "English East India Company" war es, dem durch die Ausbeutung der "Industriellen Revolution" wirtschaftlich ausgelaugten Vereinigten Königreich einen neuen Rohstoff- und Absatzmarkt zu erschließen. Indien bekam den Kosenamen "Das Juwel der Krone" verliehen, da es aufgrund seiner "Hilfe" der Wirtschaft in England wieder besser ging. Unter dem harten Zamindarisystem wurde Indien umstrukturiert, um das Eintreiben der Steuern zu erleichtern und effizienter zu machen.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert schließlich wurden einige Teile Indiens direkt unter die Kontrolle der "English East India Company" gestellt, andere wurden von den ansässigen Herrschern verwaltet, welche wiederum von der Company abhingen.

2.9    Der erste Unabhängkeitskrieg

Aufgrund der ständigen Präsens der Briten schlossen sich 1857 die ansässigen Herrscher und der Landadel mit dem letzten Mughul-Herrscher, Bahadur Shah, zusammen. Allerdings wurde dieser Aufstand auf brutalste Art und Weise von den Briten niedergeschlagen. Ende 1859 war Bahadur Shah nach Burma deportiert worden, wo er schließlich eines einsamen Todes starb. Dieses Ereignis besiegelte das Schicksal der Mughul in Indien

2.10        Der Freiheitskampf

Da es für eine Handvoll Verwalter nahezu unmöglich war, ein so großes Land zu verwalten, keimte die Idee auf, die nachfolgende Generation zu eben diesem Zwecke auszubilden, um sich eine intellektuelle Elite aufzubauen, die mit diversen Verwaltungsaufgaben betraut werden könnte. Um diesen Traum zu verwirklichen, schuf man ein Ausbildungssystem, das den jungen Indern die Grundgedanken der Demokratie, der individuellen Freiheit und der Gleichheit näher bringen sollte. Dieses System schuf die Vorraussetzungen für die Vordenker der Freiheitsbewegung. Eine vollständige Mobilisierung der Volksmassen jedoch gelang erst einem der bemerkenswertesten und charismatischsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.

2.11        Mohandas Karamchand Gandhi

Mohandas Karamchand Gandhi war ein aus Südafrika kommender britischer Rechtsanwalt mit indischem Ursprung. Während seines Kampfes gegen die Apartheid hatte er ein neues System der gewaltlosen Auseinandersetzung geschaffen, welches er "satyagraha" nannte. Später wurde ihm der Titel Mahatma verliehen. Gandhi, ein überzeugter Hindu, propagierte weiterhin die Philosophie der Toleranz, Gleichheit der Religionen und aller Menschen. Diese Verdienste brachten ihm weltweiten Ruhm ein.

Während der folgenden Jahre führte Gandhi eine Reihe von Bewegungen an, denen auch Frauen angehörten, und den Grundstock für die Emanzipation legten. 1942 rief er die "Quit India" - Bewegung aus, mit der er die britischen Besatzer dazu veranlassen wollte, Indien wieder freizugeben. Den Briten blieb augenscheinlich nichts anderes übrig, als abermals mit Gewalt auf diese Bewegung zu regieren, welche selbst auf dem Prinzip der Gewaltlosigkeit beruhte. Allerdings wurde mit dem Ende des 2. Weltkrieges der Grundstein für die Unabhängigkeit Indiens gelegt.

2.12        Die Unabhängigkeit

Indien wurde am 15. August 1947 unabhängig. Die indische Unabhängigkeitsbewegung war einer der beeindruckendsten Vorgänge des 20. Jahrhunderts. Der Erfolg des lange schwelenden Kampfes beruhte auf den Verdiensten der vorangegangenen Generationen, welche durch ihr couragiertes Auftreten gegen die britischen Besatzer den Grundstein für einen eigenständigen Staat geschaffen hatten.

3.    Omen & Astrologie

Das Leben und Denken der Inder wird teilweise noch vom Glauben an Omen, d.h. günstige oder ungünstige Zeichen, beeinflußt. Im Mahabharata finden sich Textstellen, in denen berichtet wird, wie sich am Morgen einer Schlacht viele ungünstige Omen zeigen, der Feldherr sich davon nicht beeindrucken läßt und dann die Schlacht verliert.

Viele dieser Omen sind mit Reisen verbunden: Regen wird z.B. bei der Ankunft an einem Ort als gutes Omen, als Segen des Himmels empfunden, während er bei der Abfahrt als schlechtes Omen gilt. Ebenso sind Reisen in bestimmte Himmelsrichtungen mit bestimmten Wochentagen verbunden. Montag und Samstag sind keine Tage, um nach Osten zu reisen. Dienstags und mittwochs sollte man nicht nach Norden fahren, donnerstags nicht nach Süden, freitags und sonntags nicht nach Westen. Wer einen Ort am Mittwoch verläßt, wird an diesen nicht mehr zurückkehren. Außerdem sollte nie eine lange Reise an einem Donnerstagnachmittag begonnen werden. Dienstags und Samstags werden in Dakshinkali Tiere geopfert, um die Göttin Kali günstig zu stimmen und ihren Schutz für diese ungünstigen Tage zu  erlangen.

Als gutes Omen gilt es, einen toten Körper zu sehen. Wer im Traum einen Elefanten trifft, kann dies als Zeichen für kommenden Reichtum deuten. Legenden um die Geburt des Buddha erzählen, daß seine Mutter von einem Elefanten träumte, was sie als glücksverheißendes Zeichen ansah.

Eine wichtige Rolle spielt die Astrologie. Bei Geburt eines Kindes, Ehepartnersuche, größeren geschäftlichen Unternehmungen und längeren Reisen wird meist ein Astrologe befragt. Er kann mittels des Horoskops die günstigen und ungünstigen Tage berechnen. Bei der Teilung Indiens in Indien und Pakistan hatten alle Astrologen von dem bestimmten Datum abgeraten, an dem die Teilung stattfand (15.8.1947), da dies ein äußerst ungünstiger Tag sein sollte. Eine Bestätigung für ihre Prognose sahen sie in dem darauffolgenden Bruderkrieg. Außerdem hatten sie auf das Jahr genau die Teilung West- und Ost-Bengalens in Pakistan und Bangladesh vorhergesagt.

Eltern, die ihre Söhne oder Töchter verheiraten wollen, konsultieren zuerst einen Astrologen mit den Daten des möglichen Partners. Wenn zwei zusammenpassende Horoskope festgestellt werden, ist die Ehe günstig. Dahinter steht die Theorie, daß jeder seinem Karma entsprechend geboren wird, Tag und Stunde seiner Geburt nicht zufällig sind und so zwei harmonische Horoskope anzeigen, daß die beiden schon im früheren Leben beschlossen haben, zusammen zu leben. Der Astrologe berechnet auch den günstigen Tag und die Uhrzeit für die Heiratszeremonie.

Bei Problemen suchen Inder manchmal einen Pandit auf. Der Pandit ist ein Schriftgelehrter, der über alte Texte verfügt. Nach seinen Aussagen ist in diesen Texten jedes Leben enthalten. Anhand von Astrologie und Handlesen, manchmal auch nach Bestimmung der Uhrzeit, des Tages, Länge des Schattens des Ratsuchenden etc., sieht er sich in der Lage, die richtige Stelle in seinem Buch zu finden und Aussagen über die Zukunft und Vergangenheit des Fragenden zu treffen.